Ursprünglich gepostet am: 02. Dezember 2013 auf filmosophie.com

Metro – Im Netz des Todes, wie er mit vollem deutschen Titel heißt, war mein zweiter Film auf der diesjährigen Russischen Filmwoche in Berlin und ich muss sagen, dass der Film von Anton Megerditschew vergleichbare US-amerikanische Filme dieser Art stellenweise in den Schatten stellt.

Ein weiteres Mal ist der Moskauer Untergrund, der immer wieder wegen seiner vermeintlichen Geheimnisse und versteckten und geheimen Metrostationen Stoff bietet, Schauplatz für einen Film. Dieses Mal bietet er Schauplatz für einen scheinbar aussichtslosen Kampf der Überlebenden eines verunglückten U-Bahnzuges, nachdem Wassermassen aus dem darüber liegenden Fluss Moskwa einen Abschnitt der Moskauer Metro geflutet haben.
Die ganze Geschichte des Films folgt streng genommen den üblichen Mustern dieses Genres: Ein Held oder besser gesagt mehrere Helden, die durch die Verkettung unglücklicher Zufälle mitten in die Katastrophe geraten sind. Alles was schief gehen kann, geht auch schief und führt unweigerlich zu dieser Katastrophe. Die Katastrophe trifft natürlich den neuralgischen Nerv einer Stadt, die ohnehin schon fast vor dem Verkehrskollaps steht. Es ist daher nicht unbedingt die Story des Films, die mich beeindruckt hat, sondern vielmehr mit welcher stellenweise schonungslosen Bildsprache diese umgesetzt wurde.

Bezeichnend für die besondere Bildsprache von Metro ist wohl die Szene des Zusammenstoßes des U-Bahnzuges mit den in den Tunnel eingedrungenen Wassermassen, die auch schon im Trailer zu sehen ist. Menschliche Körper, die in Zeitlupe aufeinander prallen und Gesichter, auf denen man die in Zeitlupe entgleisenden Gesichtszüge sehen kann. Das interessante an dieser Art der filmischen Darstellung ist nicht, dass die Kamera „draufhält“ und damit das Ereignis scheinbar brutal darstellt, sondern vielmehr weil sie es darstellt. Mancher Hollywood-Film hätte die gleichen Ereignisse definitiv anders gezeigt. Während in Hollywood diese Szene durch schnelle Schnitte nicht nur zerstückelt, sondern auch fast schon unkenntlich gemacht worden wäre, so dass man eigentlich kein Gefühl mehr für den Raum hat, zeigt Megerditschew die Szene mit relativ wenigen Schnitten und dazu noch ausgiebig. Abgesehen vom fast schon exzessiv anmutenden Tondesign, ist es vielleicht auch diese Art der Darstellung, die dazu führt, dass der Zuschauer einen echten und fast schon beklemmenden Eindruck der Dramatik bekommt.
Es liegt wohl an unseren von Hollywood geprägten Sehgewohnheiten, dass man bei solchen Szenen gerade wegen der Hyperinszenierung stellenweise ein bisschen schmunzeln muss. Wobei das der Szene eigentlich nicht gerecht wird und im Grunde genommen diese Darstellung auch einer gewissen Wahrheit entspricht. Vielleicht nicht ohne Grund wird des Öfteren beschrieben, dass man solche Situationen aus subjektiver Sicht immer in einer Art Zeitlupe wahrnimmt.

Auch in den ersten Minuten nach dem Zusammenstoß wird diese zum Teil ungewöhnliche Darstellungsart weiter deutlich. So stellt der Film die Wahrnehmung der Überlebenden im Zug wie eine Art Trance dar bzw. spiegelt dabei den Zustand der Verwirrtheit wider, den die Beteiligten nach dem Unfall haben. Alles scheint eben wie im Traum, unreal und doch auf bittere Weise real. Dabei wird auch die tragische Realität nach dem Unfall – und auch andere Stellen des Films – nicht durch viel Blut dargestellt, sondern einfach nur durch die vielen leblosen Körper, die auf dem Boden liegen. Gerade das scheint eindringlicher das wahre und grausame Ausmaß des Unfalls darzustellen als das übliche Blut.

Eine weitere definitiv ungewohnte Komponente für diese Art von Filmen ist die Tatsache, dass immer wieder Witze gemacht werden. Zwar finden sich auch in anderen Filmen dieses Genres Situationen, in denen die Figuren Witze machen. Dabei handelt es sich jedoch entweder um zynische Witze, die auf die Aussichtslosigkeit der Situation hinweisen oder um Witze aus dem Mund des Helden der Geschichte, denen man schon die heroisierende und auch pathetische Patina anmerkt. Vielleicht eben ein bisschen typisch Hollywood. Im Fall von Metro sind es aber Witze, die im ersten Moment unpassend erscheinen, weil man diese Art von Witze wohl eher im alltäglichen Leben vermuten würde als in einem sich mit Wasser füllenden U-Bahntunnel.
Durch Hollywood-Dialoge geprägt, ist es vielleicht auch gerade wegen Letzterem, dass man stellenweise das Gefühl hat, der Film würde plump wirken oder noch schlimmer, zu einem Film werden, der an übermäßiger Selbstüberschätzung krankt und cool wirken will. Vielleicht ist es aber gerade das Gegenteil und es ist diese „Alltäglichkeit“, die die Dramatik der Situation eigentlich nur noch verstärkt.

Wie schon Regisseur Anton Megerditschew in der anschließenden Q&A erwähnte, wäre es dem Film zu wünschen, dass er – nachdem er nun einen Kinoverleih gefunden hat – eine passende Synchronisation bekommt, um den Film dann auch in Deutschland sehen zu können.

DVD-Start: 22. November 2013

Kinostart: Deutscher Kinostart noch nicht bekannt