Ursprünglich gepostet am: 28. Januar 2015 auf filmosophie.com

ClipTipp der Woche
Wir präsentieren unser Lieblingsvideo der Woche

Als ich gestern bei den Kollegen von ZEIT Online anlässlich der Befreifung des Konzentrationslagers von Auschwitz dieses Video entdeckte, musste ich wieder an meine Masterarbeit denken.
Ich hatte mich im Rahmen der Arbeit indirekt auch mit der Darstellung des Grauens befasst. Ausgangspunkt der Diskussion waren die vier heimlich aufgenommenen Bilder aus dem KZ Auschwitz: Aus dem inneren des Vernichtungsapparat aufgenommen, zeigen sie in der Weite eine Gruppe von Menschen, die sich auf einer Wiese entkleiden muss, bevor sie in die Gaskammern geführt werden. Die Existenz dieser Bilder hat zu einer scheinbar nicht enden wollenden Debatte darüber geführt, ob es diese Bilder überhaupt geben darf. Nicht aus Sicht der Machbarkeit, sondern weil durch diese fassbaren Bilder das unfassbare, alles andere übertreffende Grauen auf einmal fassbar wird und damit Gefahr läuft sein Grauen und damit seine Bedeutung zu verlieren. Wer sich diese Diskussion näher anschauen will, dem empfehle ich das Buch „Bilder trotz allem“ von Georges Didi-Huberman.
Die Frage, ob Bilder – fotographischer oder filmischer Natur – das Grauen der Shoa angemessen darstellen können, ist an dieser Stelle kaum zu beantworten. Doch ich denke, dass das Video von Andreas Weiser diese Frage auf eine andere Art beantwortet. Es setzt eigentlich da an, wo wir noch empfänglicher sind: auf der Tonebene. In einer Welt, in der wir sekündlich von hunderten Bildern überflutet werden, ist es schwierig Bilder zu finden, die sich nachhaltig ins Gedächtnis einbrennen. Ton ist das wirksamer. So kontrastiert Weiser hier die (durchaus zu diskutierende) unbeschwerliche Atmosphäre des heutigen Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin mit Tondokumenten aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch wenn ich glaube, dass das Video ein bisschen mehr Tonspuren vertragen hätte, finde ich die Idee sehr gelungen und sehens- bzw. hörenswert, denn es erinnert daran, wofür dieses Mahnmal eigentlich steht.