Ursprünglich gepostet am: 02. Januar 2017 auf filmosophie.com
Die leidenschaftliche Schauspielerin Mia (Emma Stone) und der charismatische Jazzmusiker Sebastian (Ryan Gosling) suchen das große Glück in Los Angeles. Sie halten sich mit Nebenjobs über Wasser und nachdem sich ihre Wege zufällig kreuzen, verlieben sie sich Hals über Kopf ineinander. Gemeinsam schmieden sie Pläne für ihre Zukunft auf der Bühne und genießen den Zauber der jungen Liebe in „La La Land“ – der Stadt der Träume. Doch schon bald müssen Mia und Sebastian einsehen, dass sie Opfer bringen müssen um ihren Träumen näher zu kommen. Kann ihre Beziehung diesem Druck standhalten?
Selbst vier Wochen nach der Pressevorführung des Films sind wir – ich und meine Begleitung Ella von Ella&Flora – noch immer von Damien Chazelles Film mehr als begeistert. Doch was macht La La Land so faszinierend und ihn zu einem heißen Kandidaten für die Oscars 2017?
Es beginnt schon mit der Wahl des Genres. Zwar hat Chazelle mit seinem oscarprämierten Film Whiplash mehr als genug bewiesen, dass Musik sein Ding ist, doch ist die Idee einen Tanzfilm à la Gene Kelly oder Fred Astaire zu machen – und das in einer Zeit, in der besagtes Genre schon mehr als tot ist -, genauso so ungewöhnlich wie in Zeiten des Tonfilms einen Stummfilm zu drehen. Doch was bei The Artist funktioniert hat, funktioniert auch bei La La Land. Der wahre Geniestreich des Films ist aber, dass Chazelle es schafft die Elemente des klassischen Tanzfilms in die heutige Zeit zu transportieren, ohne, dass es plump und aufgesetzt wirkt. So führt die mehrere Minuten lange, von Mandy Moore choreographierte und in einer einzigartigen Plansequenz gedrehte Eingangsequenz auf dem Highway, die Gene Kelly vermutlich die Freudentränen in die Augen getrieben hätte, den Zuschauer nicht nur in das Genre ein, sondern vermittelt ihm damit zugleich auch den Eindruck, als wäre das unvermittelte tanzen und singen in und auf Autos das normalste auf der Welt. Voilà, die Rahmenbedingungen für den Tanzfilm sind gesetzt.
Aber auch andere Sequenzen stechen dabei hervor. So erinnert der magische Tanz von Mia und Sebastian zwischen den Sternen des Planetariums an die eleganten Tanzsequenzen von Fred Astaire oder die quietschbunte Studiosequenz am Ende des Films an die farbefrohen Tanzeinlagen von Gene Kelly in Ein Amerikaner in Paris. Und das ist bei weitem nicht der einzige Verweis auf den Film von Vincente Minnelli aus dem Jahr 1951.
Doch La La Land ist weit mehr als „nur“ eine Hommage an das Tanzfilmgenre. Er ist auch eine Hommage an die goldenen Zeiten Hollywoods und die Zeit der großen Studios (und dies ist in meinen Augen viel besser und schöner umgesetzt als es zum Beispiel die Coen-Brüder mit Hail, Caesar! gemacht haben).
Es fängt schon mit dem vieldeutige Titel an. So verweist der Titel nicht nur auf die musikalischen Töne „La la“, sondern auch auf den Ort der Träume. Dabei ist nicht nur das Traumland gemeint, sondern auch L.A. und Hollywood als Traumfabrik.
Auch auf visueller Ebene finden sich viele Hinweise auf die Kino- und Filmgeschichte. Am prägnantesten ist hier wohl die Wahl der Kostüme. So verweisen die einfarbigen Kleider von Mia und ihren Mitbewohnerinnen im ersten Teil des Films auf die Grundfarben Blau, Grün und Rot bzw. Blau, Grün, Rot und das aus Rot und Grün enstehende Gelb auf das Drei-Farben-Technicolor Verfahren, dem auch die Farbpracht vieler Tanzfilme zu verdanken ist.
Und während zu Beginn eben die Kostüme noch relativ einfach sind, so werden sie im Verlauf des Films in ihren Mustern immer komplexer. Wenn man sich in diesem Zusammenhang den Plot des Films genauer anschaut, so ist dieser Wandel von bunten und fröhlichen hin zu dunkleren und teils ernsteren Farben nicht nur visuell interessant, sondern hat auch auf inhaltlicher Eben durchaus eine wichtige Bedeutung. Er verweist damit auf die immer komplexer und auch komplizierter werdenden Träume und Vorstellung von Mia und Sebastian, bis diese schließlich fast erloschen zu sein scheinen.
Ein weitere interessante Szene ist in dieser Hinsicht ist der Moment, in dem Mia und Sebastian eine Party in einer Villa auf den Hügel über L.A. verlassen und sich auf die Suche nach ihrem geparkten Wagen machen. Auf einer Anhöhe angekommen, halten sie an und die Tanzsequenz, die auch auf dem Filmplakat verewigt ist, beginnt. Während die beiden ihre Stepptanz Einlage zum Besten geben, geht im Hintergrund langsam die Sonne über der Stadt auf und taucht den Himmel in ein morgenrötliches blaues Licht. Auch wenn vieles darauf hindeutet, dass diese Szene an einem realen Ort gedreht wurde, verweist der durch das Licht der aufgehenden Sonne fast schon studiohaft anmutende Hintergrund und das eigentlich für eine Straßenlaterne zu helle Licht in diesem Moment auf die Produktionsbedingungen der Tanzfilmen aus früheren Zeiten, die aufgrund ihrer teils komplexen Choreographie und Szenografie fast ausschließlich im Studio gedreht wurden.
La La Land bleibt aber nicht nur wegen seiner tollen szenischen und visuellen Gestaltung im Gedächtnis. Sondern auch wegen seines für einen Tanzfilm eher ungewöhnliches Ende. So lässt der Film den Zuschauer nach zwei Stunden nicht nur mit einem visuell beeindruckenden Film zurück, sondern auch mit der essenziellen Frage: was machen wir mit unseren Träumen? Teilen wir sie mit anderen oder verfolgen wir sie alleine? Es ist, soviel sei verraten, nicht das klassiche Happy End. Es ist ein Ende, mehr sogar, es ist eine wirklich sehenwerte visuelle Umsetzung der Selbstreflexion der beiden Hauptfiguren an dieser wichtigen Stelle des Films. Und dahingehend ist es vielleicht auch ein Happy End für die Figuren. Doch es bleibt dem Zuschauer überlassen ob er das auch so sieht. Eines ist jedoch klar, ein heißer Oscarkandidat ist dieser Film ohne Zweifel.
Kinostart: 12. Januar 2017
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